Liaison zu viert #2
Der große Tag hatte begonnen. Heute würden Jack und Annie zu uns kommen und bei uns Übernachten. Die Aufregung stieg mit jeder Minute, die das Treffen näher rückte. Es gab viel vorzubereiten, was uns sehr entgegenkam, da dies ordentlich Ablenkung von der Aufregung bedeutete.
Photo by Javier Allegue Barros on Unsplash
Zunächst musste die Wohnung auf Hochglanz gebracht und die Outfits ausgewählt werden. Dann stellten sich uns die logistischen Fragen des Tages. Wir hatten bereits vorher darüber gesprochen, einfach eine Matratze ins Wohnzimmer vor die Couch zu legen und den Tisch dementsprechend wegzuschieben. Nachdem wir unsere Matratze also durch die ganze Wohnung geschleppt und einen prüfendem Blick auf das Konstrukt geworfen hatten, waren wir uns einig, dass es sehr gemütlich aussieht und sich vermutlich als praktisch erweisen wird. Weiter ging es mit den Hygiene-Artikeln. War es irgendwie zu offensichtlich, die Kondome in einer Schüssel auf den Tisch neben die Matratze zu stellen? Eigentlich war klar abgesprochen, worum es an diesem Abend gehen könnte und dass auf jeden Fall Kondompflicht herrscht. Also entschieden wir, dass es nicht zu aufdringlich ist, und stellten sie neben die Box mit den Taschentüchern. Anschließend richteten wir uns dann selbst für unser Date und machten uns schick. Da wir ein offizielles Date zu viert hatten, wollten wir uns auch alle herausputzen.
Wir hatten uns einen Tisch für vier in einem Restaurant reserviert, um den Abend entspannt zu starten, was den Date-Charakter des Treffens zusätzlich unterstrich. Um halb 7 wollten uns die beiden abholen. Bonnie war gerade noch dabei, einen Lippenstift auszuwählen, als es klingelte. Sofort fuhr ihr die Aufregung durch den ganzen Körper, so dass sie beim Auftragen des Lippenstiftes zu zittern begann. Clyde öffnete die Tür und traf die beiden schon einmal draußen. Bonnie nutzte die Minute, um noch einmal durchzuatmen und folgte ihm bald. Draußen begrüßten wir uns und stellten erleichtert fest, dass die beiden genauso aufgeregt waren wie wir.
Im Restaurant bekamen wir natürlich den offensichtlichsten Tisch mitten im Saal. Dies störte uns jedoch nur wenig. Die Frauen setzten sich nebeneinander und hatten bewusst jeweils den anderen Partner gegenüber. Im Laufe des Abends wanderten die Hände der Männer unter den Tisch und die Füße der Damen auf den gegenüberliegenden Schoß. Gleichzeitig hielten die Damen ihre Hände und streichelten sich. Amüsiert fingen wir uns ein paar irritierte Blicke ein. Wir unterhielten uns gut über alles Mögliche und genossen das besondere Kribbeln, was durch die Vorfreude auf den weiteren Verlauf des Abends ausgelöst wurde. Nach ca. zwei Stunden machten wir uns wieder auf den Weg zum Auto. Die Frauen saßen hinten, hielten abermals Händchen und kamen kaum aus dem Kichern heraus, weil wir uns alle wieder in die Teenager-Zeit zurückversetzt fühlten.
Zuhause machten wir es uns nach einer kurzen Wohnungsführung mit einem Glas Gin Tonic auf dem Sofa und der Matratze gemütlich und begannen, einen Film zu schauen, die Männer außen und die Frauen nebeneinander und jeweils neben dem anderen Partner. Natürlich wanderten recht schnell die ersten Hände in alle Richtungen. Aus anfänglichen Streicheleinheiten wurden intensive Berührungen, Küsse und der Film wurde nebensache. Die ersten Kleidungsstücke flogen außer Reichweite und Annie begann, Bonnie zu liebkosen und wanderte mit ihren Küssen immer weiter den Körper entlang, bis sie schließlich gefallen daran fand, sie oral zu verwöhnen. Die Männer streichelten die jeweils andere Dame und nahmen sie schließlich ganz für sich ein.
Da besonders Jack im Vorhinein angekündigt hatte, dass er nicht weiß ob es ihn stört wenn er seine Frau mit einem anderen Mann so sieht, war es sehr spannend zu beobachten, wie sich die ganze Sache entwickelte und welche Dynamik das Tête-à-tête hergab. Auch Bonnie war sich nicht ganz sicher, wie sie auf den Anblick reagierte, dachte jedoch dass es ihr grundsätzlich nichts aus machte, sie sich das aber auch nicht ansehen musste weil sie es höchstwahrscheinlich nicht anregend fand. Diese Vermutung bestätigte sich schlussendlich auch. Clyde konnte sich vorher vorstellen, dass es ihn in gewisser Weise anmacht, Bonnie mit einem anderen Mann zu sehen und ihre Lust aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Im Endeffekt schlichen sich zwar ein paar Sekunden der Eifersucht ein, dies wurde jedoch von dem Gefallen übertroffen, den er daran fand, zu sehen wie Bonnie die Ekstase genoss. Grundsätzlich konnten wir beide feststellen, dass es unter anderem deshalb kaum schlimm war, den Partner in den Armen einer/eines Anderen zu sehen, da man selber beschäftigt war. Jack suchte hin und wieder die Konfrontation mit der Situation und schaute zu Clyde und Annie, empfand die Situation aber nicht als so schlimm dass er das ganze abbrechen musste. Auch er konnte sich nach anfänglicher Unsicherheit voll und ganz auf Bonnie einlassen. Annie ging es eben so wie Clyde und ihr gefiel es, Jack und Bonnie zwischendurch anzuschauen.
Wir schliefen in dieser Nacht in dieser Konstellation auf unserer Matratzen-Konstruktion, die Damen nach wie vor im Arm des anderen Partners. Später sollte sich herausstellen, dass ausnahmslos alle Beteiligten ein etwas seltsames Gefühl dabei hatten, nicht beim eigenen Partner zu schlafen, aber keiner sagte etwas, worüber wir uns im Nachhinein herrlich amüsierten. Eigentlich hatten wir ja sonst eine sehr offene und ehrliche Kommunikation miteinander gepflegt, aber bei diesem Thema wollte offensichtlich niemand irgendwem die Nähe zum anderen Partner vermiesen. Am nächsten Morgen gab es wiederholt ein kurzes Techtelmechtel zwischen Clyde und Annie sowie Jack und Bonnie. Wir genossen allesamt die Nähe, die gemeinsame Zeit und die fremde und doch mittlerweile vertraute Haut.
Es war eine sehr intensive und spannende Erfahrung, mit jemand anderem zu schlafen als dem eigenen Partner. Es fühlte sich fantastisch an, diese Erfahrung in gewisser Weise mit dem eigenen Partner zu teilen. Mit Jack und Annie hatten wir tatsächlich das perfekte Paar gefunden, um diese Erfahrung zu teilen. Dass sich dabei noch Gefühle in unser Vierergespann geschmuggelt hatten, machte unser Abenteuer umso aufregender. Unsere Ehe hat sich durch diesen (zugegebenermaßen ungeplanten) Schritt ein gehöriges Stück weiterentwickelt. Wir merken, dass wir noch mal eine ganze Portion entspannter mit unserer Sexualität umgehen, da wir jetzt logischerweise auch über Sex mit anderen als mit uns sprechen. Wir heizen unser Kopfkino gegenseitig damit an, an Situationen mit Jack und Annie zu denken. Wir setzen uns mit unserer Vorstellung verschiedener Beziehungen auseinander, sprechen über Polyamorie und verschiedene Konstellationen und erweitern so unseren Horizont wieder, einfach nur weil wir über unsere neue Lebenssituation sprechen. Unsere anerzogenen Normativität von Monogamie stellen wir vermehrt infrage.
Seither besuchen wir die beiden mindestens zweimal die Woche, genießen die Nähe, das Knistern und die zunehmende Vertrautheit. Zum Partnertausch kam es aus verschiedenen Gründen bisher nicht wieder, eine neue besondere Gelegenheit ist jedoch intensiv in Planung. Das hält nebenbei die Spannung weiterhin aufrecht. Wie genau wir die Beziehung zwischen uns vieren definieren, ist unklar. Das ist allerdings aktuell auch nicht nötig. Wir genießen es einfach. Wir gehen mittlerweile ebenfalls offener mit unserem aktuellen Lebensentwurf um und kommunizieren dies mehr und mehr aktiv in unserem Freundeskreis, unter anderem weil wir mit unseren Schmetterlingen im Bauch kaum hinter dem Berg halten können und wollen. Bisher wurde dies auch nur positiv aufgenommen und neugierig befragt. Die Reaktion bleibt meist die Gleiche: “Also ich könnte mir das nicht vorstellen, aber es klingt interessant.” Unsere Antwort darauf wiederholt sich ebenfalls: Auch wir konnten uns dies bis vor zwei Monaten nicht vorstellen. Es hat uns einfach überrannt. Aber es ist wunderschön und wir sind gespannt, was uns alles noch bevorsteht. Wir wollen es definitiv nicht mehr missen.
Gebt euch euren Schlafzimmerlaunen hin!